Dieses Land hat einen Recep Tayyip Erdoğan….
Einschätzung vom Frühjahr 2016
Es wird merklich kühl in Anatolien. Hier oben auf 1400 m Höhe kehrt schon sehr deutlich der Herbst ein. Die
Getreidefelder sind schon längst geerntet und nun werden Berge von Zuckerrüben eingeholt. Tagsüber ist die
Sonne noch sehr stark, doch in der Nacht sinken die Temperaturen ins Minus.
Seit 8 Wochen sind wir nunmehr in der Türkei, 8 Wochen mit sehr unterschiedlichen Erlebnissen in Kultur und
Temperatur.
Haben wir die ersten 4 Wochen überwiegend im Sommer an der Süd-West Küste verbracht, so sind wir jetzt
im tiefen Herbst der anatolischen Hochebene angelangt.
Nun der Reihe nach:
Jetzt sind wir da, im Land der Granatapfelbäume.
Es ist nicht übertrieben, denn genau jetzt sieht man sie überall. Es ist Erntezeit der dicken roten Früchte. In
fast jedem Garten an der Küste sieht man sie die Punica granatum. Auf jedem Markt werden sie feil geboten
und am Straßenrand bei jedem Bauern. Aus den Granatäpfeln wir Essig, Sirup, Tee, Gelee und natürlich Saft
uns auch Essig gemacht. Früher galt diese Frucht als Symbol der Fruchtbarkeit. Kein Wunder, enthält Ihre
ledrige Schalte doch unzählige Samenkerne eingehüllt in die schmackhafte Saftzelle. Sobald die Reife Frucht
auf einen harten Untergrund fällt.... dann wird sie zur Granate.
Kulturell ist die Türkei auch eine Granate.
Es ist das weltgrößte open- air Freilichtmuseum für hellenistische, römische, hethitische und osmanische
Kultur, um nur die Wesentlichen zu nennen.
Uns begeisterte immer wieder alles Griechisch- Römische. Und dies in einer Fülle wie sie kaum darstellbar ist.
Ohne den Leser zu langweilen, wollen wir nur eine kurze Aufzählung der Ausgrabungen geben die wir
besuchten.
Troja, Alexandria Troas, Assos, Pergamon, Ephesos, Priene, Milet, Didyma, Aphrodisias, Xanthos, Myra,
Olympos und Aspendos.
Eines haben alle antiken Städten gemeinsam. Sie liegen immer in traumhaften landschaftliche Locations ,
sowohl am Meer als auch in sehr schönen Tälern, Gebirgen oder Ebenen.
Gemeinsam haben alle römischen Städte eines: Man gebe den Römern vorbildlich behauene Quader, exakt
runde Säulen und Tonröhren für Unter- und Überdruck Wassersysteme – dann bauen Sie damit die tollsten
Thermen, Amphitheather, Tempel, Agoren, Odeien, Aquädukte, Kolonaden und natürlich schöne Wohnhäuser.
Auch Schildkröten lieben Ausgrabungen. An einem Tag hatten wir 9 gesehen. Einer wurde von Irmgard das
Leben gerettet, denn sie lag auf dem Rücken zwischen Steinen und hatte keine Chance mehr sich sich aus
eigener Kraft zu drehen.
Für den Womo Fahrer ist die Türkei immer noch ein Paradies – sofern man die Sommerferien der rund 90
Millionen Türken meidet. Wir fanden jetzt in der Nachsaison die schönsten Plätze des Mittelmeeres,
badewannenwarmes Wasser und durftende Pinienhaine. Fahrt hierher, noch gibt es keine Womo
Verbotsschilder !!!
Landschaftlich hat uns ganz besonders Kappadokien begeistert. Eine bizzare Gegend voller Feentürme und
Höhlenkirchen aus dem Tuffstein der nahe gelegenen Vulkane . Und als Besonderheit die morgentlichen
Ballonfahrten in den Sonnenaufgang. Wir haben über 100 Ballone gezählt, im Sommer sollen es schon mal an
die 200 sein. Die Farben dieser Ballone über dieser majestätischen und ruhigen Landschaft um 5 Uhr waren
ein unvergessliches Erlebnis.
Nun befinden wir uns auf der Seidenstraße gen Osten. Alle 35 – 40 km tauchen Karawansereien in gut
erhaltenem Zustand auf. Sie boten bis vor 100 Jahren den Kamel- und Eselkarawanen Schutz für die Nacht.
Der Türke als Mensch:
Ein entspannter ruhiger Geselle im Teehaus, hinterm Steuer unberechenbar. Auf der Straße in Gegenwart
anderer Frauen ein Macho, Zuhause ein Pantoffelheld. Ein fleißiges Volk. Zurückhaltend und bisweilen sehr
scheu uns als Touristen gegenüber.
Essen:
Die Märkte sind bunt und mit Allem was das Herz begehrt bestückt. Und das Besondere: Die Früchte sind
Früchte, und entsprechen noch keiner geschmacklosen EU-Norm. Nur das Brot – hier sagen sie Ekmek dazu -
trifft nicht unseren Geschmack. Es ist meist geschmacklos und lappig.
In den Lokantas gibt’s für wenig Geld frisch gekochte Speisen der Bayan – das sind die meist etwas
gewichtigeren Frauen. Kochen können Sie …. Ihnen schmeckt es und uns auch.
Mit dem Zeigefinger kann man sich sein tollstes Menue zusammenstellen.
Getränke:
Hier gibt es so sonderbare Dinge wie Ayran. Auf den ersten Blick sieht es aus wie weißes Bier und wird auch
gelegentlich in Krügen serviert. Es ist aber leider nur ein schäumiges, leicht säuerliches Joghurtgetränk. Das
gibt’s zum Essen dazu, na ja, man gewöhnt sich daran.
Immer und überall trinkt man Cay, den leckeren kräftigen schwarzen Tee der Schwarzmeerküste.
Fazit Türkei:
Ayse und Süleyman, eure Heimatland ist wunderschön! Wir liebten es hier zu Reisen. Alles ist unbeschwert.
Verbotsschilder oder Sperren für Wohnmobile gibt es keine.
Die Menschen machen einen sehr freien und offenen Eindruck auf uns. Sie sind jedoch sehr zurückhaltend
und leider hatten wir bis auf das gewohnte woher und wohin auch wenig Kontakte zu Einheimischen. Dies liegt
aber auch an der Sprachbarriere, denn Fremdsprachen sprechen nur sehr wenige. Vom strengen Islam ist
nichts zu spüren. Schwarz verschleierte Frauen sind die absoluten Minderheit. Auch in den sogenannten Islam
Hochburgen Anatoliens ist alles sehr locker und westlich. Die Städte sind modern und sauber. Die Straßen
sind meist 4-spurig ausgebaut und in überwiegend gutem Zustand. Der Überlandverkehr ist gering und der
Treibstoffpreis mit ca. 1,10 €/L für Einheimische extrem hoch – von daher die wohl niedrige Verkehrsdichte
und die sehr gute Auslastung der „Dolmusch“ die Stadt- und Überlandkleinbusse..
An kulturhistorischen Schätzen ist die Türkei übervoll, so voll, dass vieles nach der Ausgrabung einfach
ungeschützt liegen bleibt und somit auch dem endgültigen Verfall preis gegeben ist. Fahrt in die Türkei – es
lohnt !